Arzneimittelherstellung und Arzneiqualität
Dipl.pharm. Gabriele Schwarze-Grossmann
      
Zusammenfassung
    

Arzneimittelherstellung und Arzneimittelqualität sind zwei Kriterien, die bei der Wirkung homöopathisch gut gewählter Mittel maßgeblich mitbeteiligt sind. Aus diesem Grund sollen besonders die gesetzlichen Grundlagen, die Herstellungsarten, wie Verreibungen und Urtinkturenherstellung, sowie die Herstellung der Q- oder LM-Potenzen näher beleuchtet werden. Desweiteren werden unter dem Aspekt "Arzneiqualität" Prüfungen für Ausgangssubstanzen, sowie das Thema Nosoden und die Herstellung von Mitteln wie Apis, Bryonia, Causticum und Sulfur näher untersucht werden.
    

    

Arzneimittelherstellung
    
     
Die Herstellung homöopathischer Arzneimittel hat sich seit Hahnemanns Zeiten stark verändert und so drängen sich verschiedene Fragen auf, wie beispielsweise:
  • Erzeugen unsere heutigen Arzneimittel die gleichen Bilder wie die Arzneimittel Hahnemanns?
  • Nach welchen Gesichtspunkten beurteilen wir allgemein die Qualität heutiger Arzneimittel?

Dabei müssen wir viel Vertrauen in die Hersteller unserer Arzneimittel setzen, denn es entzieht sich unserem Blick, aus welcher Quelle, aus welchem Anbau die Rohstoffe stammen und wie sie verarbeitet werden.

Zumindest teilweise läßt sich die Frage klären, wodurch sich die Herstellungsvorschriften Hahnemanns, die des Homöopathische Arzneibuchs, und daraus resultierend, die Herstellung in der Praxis unterscheiden. Aus diesem Grunde habe ich zunächst einmal drei Firmen besucht: die DHU in Karlsruhe, die Staufen-Pharma in Göppingen und die Firma Arcana in Gütersloh, weitere, wie Zinser, Gudjons und Schmidt-Nagel können in diesem Jahr folgen.
      

      

I.1 Gesetzliche Grundlagen
    
     
Wenden wir uns zunächst den gesetzlichen Vorschriften für die Herstellung homöopathischer Arzneimittel zu. Anwendung finden hierbei:
  • Das Erste Homöopathische Arzneibuch (HAB I)
  • Die D-Monographien

 

I.1.1 HAB I

Das HAB I von 1978, mit 1 - 5 Nachträgen vom Stand 1991, ist das erste amtliche HAB, d.h. die hierin enthaltenen Vorschriften sind in Form einer Rechtsverordnung erlassen und haben somit Gesetzescharakter. Die früheren homöopathischen Arzneibücher besaßen nur zum Teil rechtsverbindlichen Charakter. Das HAB I stellt nun keine revidierte Fassung des "Homöopathischen Arzneibuches" von Dr. Willmar Schwabe dar, das 1934 als Privatausgabe erschienen war. Vielmehr wurde es von der Homöopathischen Arzneibuchkommission erarbeitet, die 1976 vom Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit berufen wurde.

Teil 1 des HAB I umfaßt Herstellungsvorschriften von Urtinkturen, Lösungen, Verreibungen, Tabletten, Globuli, Parenteralia, Salben, Suppositorien, Augentropfen, Mischungen, LM- Potenzen etc.

Teil 2 besteht aus den sogenannten Monographien. Dies sind Vorschriften mit Anforderungen an bestimmte Stoffe und deren besondere Herstellungsmethoden. Etwa 110 der aufgenommenen Arzneimittel sind gut geprüfte Mittel, von denen auch die klinische Verifikation bekannt ist. Ungefähr 85 Monographien beschreiben Arzneimittel, die ungenügend geprüft sind und aufgrund von klinischen Erfahrungen Eingang in die Materia medica gefunden haben. Einige spielen in der Phytotherapie eine Rolle. Die restlichen rund 100 Mittel sind ungeprüft und werden auch phytotherapeutisch nicht verwendet. Sie haben keinen Bezug zur Homöopathie, sondern werden in anderen Therapierichtungen wie Anthroposophie, Spagyrik u.a. eingesetzt. Dazu zählen Mittel wie Apatit, Argenit, Ferrum sidereum, Galenit etc.

In der ersten Fassung des HAB I fehlten wichtige Mittel der Materia medica. Sie wurden zum Teil im 5. Nachtrag ergänzt. Kritisch betrachtet, ist das HAB ein "Sammelbecken vieler Naturheilmittel".

Die Titel der Monographien bezeichnen die Stoffe mit ihrer botanischen, zoologischen oder chemischen bzw. pharmazeutischen Bezeichnung.

Bisherige Nomenklatur HAB I Nomenklatur
Cantharis Lytta vesicatoria
Antimonium tartaricum Kalium stibyltartaricum
Nux moschata Myristica fragans
Sabadilla Schoenocaulon officinale
Scilla Urginea maritima

Das bedeutet, eine Nomenklatur homöopathischer Arzneimittel, die sich im Laufe von 200 Jahren entwickelt hat und international gebräuchlich ist, wurde ignoriert und lediglich in Form von Untertiteln weitergeführt.
Zur Zeit wird das HAB I überarbeitet und soll als HAB II im Herbst 96 erscheinen. Monographien, wie Conium, Ferrum phosphoricum und Hepar sulfuris sollen Eingang ins HAB II finden. Für Causticum wird es nach wie vor keine Monographie geben, da sich chemisch keine Identität für Causticum Hahnemanni durchführen läßt.
Desweiteren sind die Monographien überarbeitet worden. So wurden neue Erfahrungen aus der Praxis miteingearbeitet und bestimmte Reagenzien, die als gefährlich gelten, wie z.B. das Chloroform, weitgehend eliminiert.
Frau Dr. Franck von der DHU, die diese Monographien mit überarbeitet, kämpft außerdem bezüglich der Nomenklatur um die Erhaltung der eingeführten homöopathischen Bezeichnungen. Sie sollen zumindest als Untertitel erhalten bleiben. Das europäische Ausland ist bei den alt eingeführten Bezeichnungen der Arzneimittel geblieben, so daß man hoffen kann, daß diese im Zuge eines Europäischen Homöopathischen Arzneibuchs wieder als Monographie-Obertitel erscheinen. Aus Frankreich ist in diesem Zusammenhang bekannt geworden, daß dort inzwischen ebenfalls die deutsche Art der Nomenklatur verwendet wird.

 

I.1.2 D-Monographien

Das dreibändige Werk von Dr. Konstantin Keller, Dr. Sybille Greiner und Dr. Peter Stockebrand stellt quasi die zweite gesetzliche Grundlage dar. Es umfaßt 600 Monographien homöopathischer Arzneimittel, und stellt Kriterien zur Bewertung dar. Desweiteren sind etwa 1500 weitere Monographien bearbeitet worden. Diese Bewertung spielt eine große Rolle bei der Zulassung, bzw. der Zulassungsfähigkeit. Erarbeitet wurden diese Monographien von der Kommission D, eine vom BGA ins Leben gerufene Arbeitsgruppe. Vorsitzender ist heute Dr. Markus Wiesenauer. Diese Monographien behandeln die einzelnen Komponenten von Komplexmitteln und haben daher vor allem Geltungsbereich für Komplexmittelhersteller.

Durch Kombinationen der einzelnen Stoffe werden Aussagen über die Wirkung bzw. Indikation gemacht.

Teile dieser Monographien sind:

  • Null-Monographien - Monographien von Stoffen in Kombinationen, für die eine Zulassung möglich ist. (Z.B. Bambusa in einem Pentarkan)
  • Negativ-Monographien - Monographien von Stoffen, die als Einzelmittel nicht zulassungsfähig sind. Es sind Mittel (jeweils nur eins), deren Anwendungsgebiet nicht ausreichend belegt und die toxikologisch bedenklich sind.

Ferner werden auch Aussagen zur Anwendung und Toxikologie gemacht. So ist es in diesen D-Monographien ebenfalls geregelt, daß Mercurius nicht unter D 8, Arsenicum nicht unter D 6 und Tuberculinum nicht unter D 10 eingesetzt werden sollte.
     

     

I.2 Allgemeine Anmerkungen zur Arzneimittelherstellung
    

I.2.1 Potenzieren

Der Vorgang des Potenzierens ist uns allen wohlbekannt. Es ist das schrittweise Verdünnen und Verreiben bzw. Verschütteln.

 

Hahnemann

Hahnemann hat die Anzahl der Schüttelschläge im Laufe seines Lebens oft verändert, bevor er 1842 das Optimum fand.

1801 er ließ minutenlang verschütteln.

1810 Stark

1814 3 Minuten

1816 Wohl

1822 10 Armschläge

1824 2 Armschläge

1837 10 Armschläge und 5 Armschläge vor jeder täglichen Einnahme bei den C 18 - C 24 und C 30

1835 -1843: In seiner Pariser Zeit experimentierte er mit 30, 100 und 200 Armschlägen und fand das Optimum

1842 mit 100 Armschlägen auf eine elastische Unterlage für die Q bzw. LM Potenzen und 10 Armschläge vor jeder täglichen Einnahme.

Den Schüttelvorgang an sich beschreibt er in den CK Band 1 (S. 187) folgendermaßen:

"Da das Schütteln nur durch mittelmäßige Schläge des Arms, dessen Hand das Gläschen hält, geschehen soll, so ist es am besten, die Verdünnungsfläschchen nicht größer und nicht kleiner zu wählen, als daß sie so eben 2/3 mit den 100 Tropfen verdünnter Arznei angefüllt werden", das bedeutet Hahnemann ließ 1/3 Freiraum, in den hineingeschüttelt wurde.

 

HAB I

Das HAB I erfüllt, sowohl bzgl. der Anzahl der Verschüttelungen, als auch bzgl. der Füllhöhe der Fläschchen, die Forderungen Hahnemanns.

Es heißt: "Flüssige Verdünnungen werden in Gefäßen hergestellt, deren Rauminhalt um mindestens ein Drittel größer ist als die aufzunehmende Flüssigkeitsmenge. Zur Potenzierung wird nach der jeweiligen Vorschrift verdünnt und jedesmal mindestens 10 mal kräftig geschüttelt. Für jede Verdünnung muß ein eigenes Gefäß benutzt werden (Mehrglasmethode)."

Aber es gestattet auch die maschinelle Verschüttelung. Der wörtliche Gesetzestext lautet:

"Bei Einsatz mechanischer Schüttelmaschinen ist darauf zu achten, daß der Bewegungsablauf der manuellen Verschüttelung hinsichtlich Frequenz und Strecke entspricht. Es muß für jede Verdünnung ein eigenes Gefäß benutzt werden (Mehrglasmethode).

 

Industrielle Praxis

Die Anzahl der Verschüttelungen wird industriell entsprechend Hahnemanns Forderungen durchgeführt, aber die Durchführung des Schüttelvorgangs wird unterschiedlich gehandhabt.

 

DHU

Die Verschüttelung bei der DHU erfolgt bei Einzelanfertigungen (3,5 % der Produktion) in 10 ml Fläschchen, die von Frauen in sitzender Position auf ein mit Leder bezogenes Moosgummikissen geschlagen werden. Dazu wird bei C / D- Potenzen 1 ml Alkohol eingefüllt mit 4 Tropfen arzneilicher Lösung (von denen 40 Tropfen 1 ml ergeben) versetzt, und 10 mal geschüttelt. Dann wird die Restmenge Alkohol bis 10 ml aufgefüllt.

Verschüttelt wird bei der DHU bis zur D / C 1000.

Die häufiger vorkommende Verschüttelung von größeren Mengen wird in 3 l Ansätzen in 5 l Kolben ausgeführt, es wird von Hand verschüttelt.

 

Staufen

Staufen hat sehr viele Einzelbestellungen, die ebenfalls in 10 ml Fläschchen (geeichte Tropffläschchen) von Hand geschüttelt werden. Größere Ansätze bis maximal 2 kg werden auch hier in größeren Gefäßen verschüttelt. Geschüttelt wird in die Höhe.

Staufen stellt etwa 3000 Arzneimittel bis zur D 2000 her.

 

Arcana

Arcana verschüttelt die hergestellten LM Potenzen ebenfalls von Hand mit 10 x 10 Schlägen gegen eine gepolsterte Stuhlkante. Arcana stellt LM-Potenzen bis zur LM 90 her, auf Wunsch auch höher.

 

Weitere Hersteller

Die Frage, wie diese Schüttelschläge praktisch bei Hochpotenzen ausgeführt werden, stellt sich vor allem bei Firmen, die bevorzugt Hochpotenzen herstellen, wie etwa Schmidt-Nagel.

Ein kurzer Blick ins westliche Ausland beschert uns noch etwas ganz anderes:

In der französischen Pharmakopoe gibt es Beispiele, wo für einen Potenzierungsschritt mindestens 100 Vibrationen gefordert werden. Die Ausführung kann auf ganz unterschiedliche Art erfolgen. Ein Beispiel: Man spannt eine Flasche zwischen zwei Lautsprecher und läßt diese mehrere Sekunden vibrieren, so daß dabei ca. 100 Vibrationen zustande kommen. Ein anderes Beispiel: Das Arzneifläschchen wird in eine Gabel eingespannt, die innerhalb von 8 Sekunden etwa 300 Vibrationen auf die Flasche bringt.

Diese in der französichen Pharmakopoe angegebenen Herstellungsmethoden sind mit den Vorschriften Hahnemanns nicht vereinbar und es bleibt zu hoffen, daß sie keinen Eingang ins Europäische Homöopathische Arzneibuch finden.

Zusammenfassend heißt das, die Frage wie oft zu verschütteln ist, ist leicht zu beantworten, schwerer fällt die Beantwortung der Frage nach dem Wie. Wir sehen an der Bandbreite von Vibrationen bis kräftige Verschüttelung, wie unterschiedlich die Auslegung sein kann und wie schwer die Standardisierung unter dem Aspekt der gleichbleibenden Schüttelintensität ist. Es ergibt sich die Frage: Würde eine Maschine reproduzierbare Ergebnisse liefern?
    

    

I.2.2 Verschüttelung/Verreibung von Hand oder Maschine?
      
  
Immer wieder wird die Diskussion geführt, kann, soll oder muß von Hand verschüttelt, bzw. verrieben werden, oder kann und darf dies auch maschinell geschehen. Wie differenziert müssen wir dieses Problem betrachten?

Über die Bedeutung der Hand- und Maschinenverreibung sprach ich mit Dr. Sewerin von der Firma Arcana. Er vertrat die Meinung, daß es ohne große Bedeutung sei, ob die C 3 hand- oder maschinenverrieben sei, da man sich hier noch im materiellen Bereich befinde. Bei der Herstellung höheren Potenzen wäre die Handverschüttelung ein Muß.

Herr Schöpfer, Hauptabteilungsleiter Herstellung und Technik der Firma DHU bemerkte zu diesem Punkt, daß seine Mitarbeiterinnen, die Verschüttelungen vornehmen, an alles andere denken würden, als daran, daß sie in ein Arzneimittel Energie einbringen. Eine Maschinenverschüttelung hätte den Vorteil, reproduzierbare Ergebnisse zu liefern, gleichzeitig sagt er aber auch, daß eine maschinelle Verschüttelung für die DHU nicht in Frage komme.

Hahnemann bemerkte in der Anmerkung zum § 270 zur maschinellen Verschüttelung:

"Werden aber bei einem so geringen Verdünnungs-Medium, wie 100 zu 1 sehr viele Stöße mittels einer kräftigen Maschine gleichsam eingezwungen, so entstehen Arzneien, welche vorzüglich in den höhern Dynamisations-Graden fast augenblicklich, aber mit stürmischer, ja gefährlicher Heftigkeit, besonders auf den schwächlichen Kranken einwirken, ohne dauernde, gelinde Gegenwirkung des Lebens-Princips zur Folge haben."

Das Thema "Hand oder Maschine" wird in Zukunft an Brisanz zunehmen, denn seit dem 5. Nachtrag zum HAB I ist die maschinelle Verschüttelung, wie in anderen Ländern bereits üblich, auch in Deutschland zugelassen.

Ich verweise auf einen Artikel AHZ 3`95 von Michael Doman (TEC BIO Apparatebau Lübeck) und Jürgen Strube (Kwalis Qualitätsforschung Fulda). In diesem Artikel stellen sie eine Verschüttelungsmaschine vor, deren Bewegungsablauf in Form einer gekrümmten Acht verläuft und nicht den Vorschriften des HAB entspricht. Sagt das HAB I doch ausdrücklich, daß der "Bewegungsablauf der Maschinen der manuellen Verschüttelung hinsichtlich Frequenz und Strecke entsprechen muß", und solch eine Maschine ist laut Aussage von Frau Dr. Franck (DHU) derzeit nicht verfügbar.

Zum Thema "maschinelle Verschüttelung" hat im Frühjahr eine Forschungsarbeit der FAH (Forschungsgesellschaft für Arzneimittelhersteller mit Sitz in Würzburg) unter dem Thema "Maschinelle Verschüttelung in Vivo und in Redem" begonnen - Redem ist ein elektromagnetisches Resonanzverfahren, um die Schwingungen homöopathischer Arzneimittel physikalisch zu erfassen (Resonanz-Dämpfungs-Entdämpfungs-Meßverfahren).

Aspekte, die es bei der maschinellen Verschüttelung zu berücksichtigen gilt, sind folgende:

  • Was macht das Besondere der Handverschüttelung aus, auf welche Phänomene kommt es bei einer Verschüttelung von Hand an?
  • Welche Kriterien legen wir für eine gute Verschüttelung zu Grunde?

Hahnemann hat dem Umrühren große Bedeutung beigemessen. Denn er sagt in "Heilung und Verhütung des Scharlachfiebers", daß eine Arznei sehr viel an Kraft verliere, wenn sie nur in eine Flüssigkeit getropft, nicht aber tüchtig und anhaltend umgerührt würde. Erst durch den Vorgang des Umrührens gewinne die Arznei (Zitat) "die größte Menge Berührungspunkte für die lebende Faser, wird dadurch erst richtig kräftig."

Betrachten wir diesen Vorgang näher, so fällt auf, daß sich beim Umrühren ein Wirbel bildet. Entsteht ein solcher Wirbel auch beim Verschütteln? Wie wichtig ist dann seine Erzeugung als Kriterium für eine gute Verschüttelung?

Sicherlich wäre es interessant, hierzu einen Fachmann zu hören, um die Bedeutung des Informationsaustausches an den Grenzflächen des Wirbels in Flüssigkeiten näher zu beleuchten.

So habe ich mich zu diesem Thema in anthroposophischen Kreisen umgehört und mit dem Physiker Herrn Brückel von der Firma WALA gesprochen.

Hier seine Erklärung:
   

    

I.2.3 Das Phänomen des Wirbels
    
        
Wenn man eine geistige Information in ein Medium einarbeiten will, muß man Bewegung erzeugen. Durch diese Bewegung findet die Verteilung und Imprägnierung statt, so daß jedes Teilchen mit dieser Information in Kontakt kommt.

Bewegung kann vollführt werden im festen Milieu, (wie Milchzucker durch Verreiben) oder im flüssigen Milieu (durch Verschütteln).

Bei einer Verschüttelung wird die Flüssigkeit durch schnelles Hochheben und Beschleunigen in einen freien Raum geworfen und verwirbelt, sie versprüht dort ungeordnet oder chaotisch und sammelt sich, wenn die Hand nach unten geführt wird, in einem geführten Wirbel, wenn wir so wollen, in einem geordneten Prinzip. Durch das geführte Auf- und Abbewegen kommt ein Willensimpuls hinzu.

"Die Extreme sind stärkstmögliche Bewegung und Nicht-Bewegung = Ruhe. Der Wirbel vermittelt zwischen beiden, indem er (beim WALA-Potenzieren) aus der stärkstmöglichen Bewegung - das "chaotische Versprühen" der Flüssigkeit im Moment des Anhaltens des Gefäßes beim Hochführen -, allmählich ausklingend, überführt in die geordnete Bewegung, die, wenn nicht der nächste Hebungsvorgang erfolgte, langsam in die Ruhe als das andere Extrem übergehen würde."

Wird ein Glaszylinder mit Wasser gefüllt und so verschüttelt, daß ein Wirbel entsteht, dann geht der Wirbel u.U. bis zum Boden des Gefäßes. Gibt man in diesen Wirbel eine gefärbte Lösung, so sieht man, wie die Flüssigkeit in Schichten rotiert. Wenn man diese Schichten als Oberflächen annimmt, dann entsteht eine große Fläche innerhalb dieser Flüssigkeit.

"Nicht die Schwerkraft tendiert dazu, die Bewegung zur Ruhe zu bringen, sondern die "Zähigkeit" des flüssigen Mediums. Es sind für den Physiker die Reibungskräfte innerhalb der Flüssigkeit, die sich als Zähigkeit äußern, welche den teleskopartig zylindrich geschichteten Geschwindigkeitsverlauf im Wirbel bedingen. Die Schichtung, und damit die sichtbar vorhandene Bildung innerer Oberflächen, ist ein physikalisch beobachtbares, bekanntes Phänomen, das durch Färbezusatz, zum Beispiel KMnO4, sichtbar bemacht werden kann."

Man kann darüber philosophieren, ob Analogien im menschlichen Körper gesucht werden können, ob es Entsprechungen im Planetensystem gibt oder ob sich, wo auch immer, eine Entsprechung dieser Phänomene in der Natur finden läßt.

Die Abbildung zeigt in Form einer graphischen Darstellung die Bewegung der Planeten um die Sonne, die eine Hälfte des Bildes ausmacht. Spiegelt man die rechte Seite der Graphik, so erhält man die Querschnittsform des Wirbels. wobei der Sonnenort die Spiegelungsachse darstellt.

Abb. 1: Bahngeschwindigkeit der Planeten um die Sonne (Herr Brückel, Firma WALA)

Wer Näheres über die Wirbeltherorie wissen möchte, dem sei das Buch von David Ash, Peter Hewitt "Wissenschaft der Götter - zur Physik des Übernatürlichen" Verlag 2001, München empfohlen.

Die Diskussion pro und contra Hand- oder Maschinenverschüttelung wird uns in der Zukunft sicher noch häufig beschäftigen. Bei Verreibungen ist es heute bereits üblich, maschinell zu verreiben.
     

     

I.3 Verreibungen
    
   
Hahnemann

Anfänglich fertigte Hahnemann Urtinkturen an, wie er es bei Belladonna, Opium, Ipecacuanha, Chamomilla, Hyocyamus und Rhus toxicodendron in seinen "Kleinen medizinischen Schriften beschrieben hat. Er verwendete zu dieser Zeit Triturationen nur als Verfahren um trockene Arzneistoffe aufzubereiten.

Ab 1835 gab er die Urtinkturenherstellung zugunsten der Trituration auf. In der RAM schreibt er die Verreibung vor

  • für saftlose Arzneipflanzen
  • frische Preßsäfte
  • weißen Phosphor
  • metallisches Quecksilber
  • Petroleum

und gibt den Hinweis in den CK Bd. 1, daß nahezu alle Arzneistoffe so zu behandeln seien.

Er bereitete sogar wasserlösliche Verbindungen wie Ammoniumchlorid, Natriumchlorid, Kaliumcarbonat etc. durch C 3 Triturationen aus der Ausgangssubstanz auf. Nur Säuren, wie Muriaticum acidum, Nitricum acidum, Sulfur acidum usw. ließ er wegen ihrer Aggressivität nicht mit Milchzucker verreiben.

Wörtlich sagt Hahnemann in der Anmerkung zum § 270 Organon über die C 3 Verreibung:

"Dies sind die drei Grade der trockenen Pulver-Verreibung, welche wohlvollführt, schon einen guten Anfang zur Kraft-Entwicklung (Dynamisation) der Arzneisubstanz bewirkt haben."

Für eine C 1 werden 6 g Lactose in 3 Teile geteilt und in 3 Stufen mit den 60 mg Ausgangssubstanz verrieben. Pro Verreibungsstufe wird 2 mal abwechselnd 6 - 7 Minuten verrieben und 3 - 4 Minuten abgeschabt, so daß für eine Potenzstufe (C 1) die Verreibungszeit von 1 Stunde notwendig ist. Die Herstellung der C 2 und C 3 verläuft analog.

Hahnemann sah in der Verreibung drei Vorteile

(1) Eine kräftigere Arzneiwirkung im Vergleich zur Potenzierung aus der Urtinktur

1828 beschrieb er bei Jodum, daß durch eine C 3 Verreibung eine "weit vollständigere Entwicklung" der Arzneikraft erreicht wird, als durch Potenzierung aus der Lösung (CK Band 3 S.376)

Anfänglich hatte er sogar bis zur C 12 verrieben, entschied sich aber ab 1835 für den Weg der C 3 Verreibung mit anschließender flüssiger Weiterpotenzierung.

Bei Opium und Nux vomica bezeichnet er die C 3 Verreibung sogar als "bessere Methode", als ein Verfahren, das "einfachere und fast noch wirksamere gleichförmigere" Arzneien hervorbringe.

Auch für frische Pflanzenpreßsäfte fordert er die C 3 Verreibung, (CK Bd. 1 177-188) so z.B. für Mezereum, Oleander und Thuja.

 

(2) Überführung unlöslicher Stoffe in lösliche

Die C 3 Verreibung bot für Hahnemann außerdem den Vorteil, unlösliche Substanzen löslich zu machen. Er sagt, um nun aus der C 3 eine Auflösung herzustellen, dient die der Chemie unbekannte Erfahrung, daß alle Arzneistoffe durch Reiben in Pulver zur C 3 sich in Wasser und Weingeist auflösen.

Damit entwickelte er offensichtlich ein Verfahren, das a l l e Inhaltsstoffe der Ausgangssubstanz für die flüssige Weiterpotenzierung erhält.

Auch Gerhard Madaus belegt in seinem "Lehrbuch der biologischen Heilmittel", daß in einer Tinktur, also einem Alkohol-Wasser-Gemisch, rein physikalisch nur alkohol- und wasserlösliche Stoffe in Lösung gehen können, während die anderen ungelöst bleiben. (Abb. 2) Er vergleicht den Gehalt an Inhaltsstoffen, ausgehend von der frischen Pflanze bei der Tinkturenherstellung und der Verreibung. Wird von frischem Preßsaft ausgegangen, so gehen noch viel mehr Wirkstoffe verloren, die in der Abbildung nicht erfaßt sind.

Tinkturenherstellung

Frischpflanzenverreibung

Abb. 2: Vergleich von enthaltenen Inhaltsstoffen frischer Pflanzen in Verreibungen und alkoholischen Tinkturen. Die schwarzen Flächen stellen die gelösten Inhaltsstoffe dar, die weißen Felder die Verluste. (aus Madaus, G.: Lehrbuch der biologischen Heilmittel Thieme Verlag 1938 Leipzig, Nachdr. Mediamed Verlag 1987)

Herr Brückel von der Firma WALA teilte mir hierzu folgendes mit: "Es lösen sich nach dem heutigen chemischen Wissen und nach von mir selbst beim Potenzieren vielfach gemachten Beobachtungen mitnichten alle Verreibungen in Wasser auf: z.B. Verreibung von Gold, die aufgelöst wird in Wasser oder Wasser-Ethanol-Gemisch: Der Milchzucker löst sich auf, das Gold nicht, dieses fällt bei niedrigen Potenzen (z.B. Auflösen einer D 4 Trituration) als Metallstaub zu Boden. Gleiches gilt z.B. für Silber, Blei, Zinn, Stibium... Ich konnte dies immer wieder beim Potenzieren beobachten. Für den Chemiker ist das Löslichkeitsprodukt der mathematische Ausdruck dieser Verhältnisse. Wenn nun auch die unlöslichen (in Wasser und Wasser-Ethanol-Gemischen) Stoffe beim Überführen einer Trituration ins flüssige Medium nicht gelöst werden, so nimmt doch die Flüssigkeit, die in der Verreibung anwesende potenzierte Arzneiwirkung in sich auf. Ein Lösen der stofflich-materiellen Grundlage der Arzneiwirkung ist somit gar nicht nötig (wenn das Lösen im chemischen Sinne notwendig wäre, müßten ja alle Triturationen von Mineralien, die mit Milchzucker nicht chemisch reagieren, medizinisch unwirksam sein."

Wenn diese Beobachtungen stimmen, können wir dann annehmen, daß eine dreistündige Verreibungszeit ausreicht, um alle Informationen der Ausgangssubstanz auf den Milchzucker zu übertragen?

Und wie gestaltet sich dies bei der Urtinkturenherstellung, gelingt es auch hier alle Informationen auf den Alkohol zu übertragen?

Wir alle wissen, Hahnemann war ein exakter Beobachter und es stellt sich die Frage, ob unsere heutigen Ausgangssubstanzen anders (reiner?) sind, als die zu Hahnemanns Zeit. Doch woher rühren dann die Beobachtungen von G. Madaus und Hahnemann? Eine Frage, die es wert wäre, geklärt zu werden.

Wie schwierig zum Teil die Verreibung aus der Grundsubstanz in der Praxis sein kann, berichtete auch der Herstellungsleiter von Staufen-Pharma. Er sagte, daß z.B. Palladium beim Verreiben einen Spiegel bildet, der sich auch nach einer Woche Verreiben nicht verändern würde - oder daß Hekla lava so hart ist, daß es ohne vorheriges Zermahlen nicht verrieben werden kann.

 

(3) Bessere Haltbarkeit

Desweiteren beobachtete Hahnemann eine bessere Haltbarkeit bei einer C 3 Trituration im Vergleich zu einer alkoholischen Potenz und stellte bei China und Ipecacuanha fest, daß "dies weit haltbarere Arzneien waren" (CK Bd. 1 S. 177-188), als deren Urtinkturen, die er "leicht verderbliche geistige Tinkturen" nannte.

Auch dieses hat Gerhard Madaus durch Versuche bestätigt. Er stellte Urtinkturen und Verreibungen aus Pflanzen wie Rheum, Rubia, Prunus padus oder Allium cepa, Allium sativa, Sabina und Thuja her, die sehr empfindliche Inhaltsstoffe aufweisen.

Dabei machte er die Beobachtung, daß Milchzuckerverreibungen eine bessere Haltbarkeit besitzen als die alkoholischen Potenzen. Er interpretierte dieses Phänomen folgendermaßen:

In pflanzlichen und tierischen Arzneistoffen liegen die einzelnen Stoffe in unterschiedlichen Gewebearten und Zellverbänden getrennt vor, was deren Stabilität gewährleistet.

In Urtinkturen werden diese reaktionsfähigen, biochemischen Substanzen in einer einzigen Phase vereinigt, was zu vielen unbemerkten Reaktionen führen kann. Dadurch kommt es zur sofortigen Denaturierung und Ausfällung und zu einer dauerhaften Änderung der Urtinkturenzusammensetzung.

Bei Milchzuckerverreibungen hingegen führt die Trockenheit des Milchzuckers und die mechanische Verreibung zu einer raschen Trennung der Inhaltsstoffe, so daß diese nicht direkt miteinander reagieren können. Damit werden chemische Abbauprozesse reduziert und die Stabilität der Arzneibestandteile gewährleistet, wie die unzersetzliche Verreibung von weißem Phosphor mit angefeuchtetem Milchzucker zeigt (CK Bd. 1 S. 184). Gerade Phosphor ist eine Substanz, die an der Luft schnell zur Selbstenzündung neigt.

Zusammenfassend läßt sich feststellen, daß für Hahnemann die Bedeutung einer C 3 Verreibung

  • in der kräftigeren Wirkung der Arznei
  • in der Überführung unlöslicher Substanzen in lösliche und dadurch die Erhaltung aller Inhaltsstoffe und
  • in einer besseren Haltbarkeit

zu sehen ist.

 

HAB I

Das HAB I hat die Forderungen Hahnemanns nur zum Teil umgesetzt. Es stellt die Verreibung und Urtinktur zur Herstellung homöopathischer Arzneimittel als gleichberechtigte Verfahren nebeneinander.

Desweiteren bietet das HAB durch die Vorschriften 7, die gesetzliche Möglichkeit, von einem flüssigen Arzneiträger auf einen festen und durch die Vorschrift 8a von einem festen Arzneiträger zu einem flüssigen zu wechseln.

Das bedeutet: eine Trituration wird auf einer Stufe in Wasser gelöst und potenziert und in der nächsten Stufe mit dem vorgeschriebenen Alkohol weiterpotenziert; oder eine flüssige Potenz wird auf Globuli oder Milchzucker aufgetropft und gleichmäßig durchmischt, was im Grunde einen reinen Imprägnierungsschritt darstellt.

Das HAB I regelt in der Vorschrift 6 die Herstellung der Verreibung - zum einen die Handverreibung - zum anderen die Maschinenverreibung.

 

Handverreibung

Die Handverreibung ist vom Ablauf her mit den Vorschriften Hahnemanns gleich.

 

Maschinenverreibung

Bei der maschinellen Verreibung wird in einem Arbeitsgang verrieben und abgeschabt. Als Verreibungszeit ist 1 Stunde vorgeschrieben. Die Qualität der Verreibungsfeinheit wird definiert über die Größe der Arzneigrundstoffteilchen. Von der 1. bis einschließlich der 4. Dezimal- bzw. Centesimalverdünnung müssen 80 Prozent der Teilchen kleiner als 10 µm und keines darf größer als 50 µm sein.

Wie verläuft die weitere Verarbeitung, wenn die Teilchengröße nach einer Stunde nicht erreicht ist? Würde die Maschine über die Zeit hinaus solange verreiben, bis die im HAB I vorgeschriebene Kleinheit erreicht ist, dann müßten wir darüber nachdenken, wie wir das Mehr an eingearbeiteter Energie beurteilen.

Desweiteren laufen bei der Maschinenverreibung Verreibung und Abschabung gleichzeitig und werden nicht als getrennte Arbeitsgänge durchgeführt. Hier bliebe zu klären, welchen Einfluß dies auf die Arzneiqualität hat.

Darüber hinaus dienen Maschinenverreibungen der Herstellung größerer Mengen. Auch hier ist nicht geklärt, ob eine Mengenänderung im Sinne einer Chargenvergrößerung einen Einfluß auf die Qualität zur Folge hat.

 

Industrielle Praxis

Aufgrund der Gleichberechtigung der Verreibung und der Urtinkturenherstellung aus der Ausgangssubstanz ist die Folge in der Praxis, daß bei der DHU und Staufen in etwa 85% durch Urtinkturenherstellung und 15% durch Verreibung hergestellt werden.

Industriell werden Verreibungen nur bei unlöslichen Stoffen vorgenommen, Pflanzen und lösliche Stoffe werden durch Urtinkturherstellung aufbereitet. In Zahlen ausgedrückt heißt dies: von etwa 2200 Mitteln werden bei der DHU 1100 durch Urtinkturenherstellung, 300 durch Verreibungen und 800 über andere Herstellungswege (z.B. nach Vorschrift V 5a) produziert.

C 1 - C 3 Verreibungen zur Herstellung der Q oder LM Potenzen werden handverrieben. Ansonsten wird industriell überwiegend maschinell verrieben. Die DHU verreibt ab Mengen von 50 g, Staufen ab Mengen von 100 g maschinell.

Arcana bezieht für die Herstellung ihrer LM-Potenzen die Grundsubstanzen in der C 3 Trituration von anderen Herstellern. Für sie stellt sich dieses Problem nicht.

Fazit: Trotz aller Schwierigkeiten technischer Art und trotz aller Kosten, die eine 3-stündige Verreibungszeit verursacht, wäre die generelle Verreibung aus der Ausgangssubstanz und die weitere Verreibung bis zur C 3 wünschenswert. Es wäre ein Beitrag zur Arzneimittelherstellung, wie Hahnemann sie, von wenigen Ausnahmen abgesehen, fordert, vor allem auch im Hinblick auf die Hochpotenzen, wie z.B. die Q- oder LM-Potenzen.
     

    

I.4 Q oder LM Potenz - Herstellung
     
     
Hahnemann hat diese Potenzen nicht benannt. Man könnte interpretieren, daß es in seinem Sinne wäre diese Potenzen als Q-Potenzen zu bezeichnen.

Die Nomenklatur "Q-Potenz" ist die Abkürzung für Quinquagintamillesimal-Potenz - in logischer Analogie zu D und C für decimalis und centesimalis. Das HAB I schreibt als Nomenklatur LM - Potenzen vor. Dies ist nicht nur in der Schreibweise als römische Zahl falsch, bedeutet LM doch 950, sondern es steht in keiner Analogie zu C und D. Die Abkürzungen C und D sind keine römischen Zahlen (dann müßte D = X heißen) sondern Abkürzungen der aus den mittellateinisch abgeleiteten Ordnungszahlen decimus = zehnter und centesimalis = hunderter. Dementsprechend sollte die Abkürzung der 50 000er Potenzen ebenfalls aus der Ordnungszahl abgeleitet werden und nicht LM sondern Q -Potenz heißen. Der Begriff LM Potenz wurde von Voegli eingeführt.

 

Hahnemann

Hahnemann beschreibt die Herstellung der Q- oder LM-Potenzen im § 270 Organon 6.Auflage.

Ausgangssubstanz ist eine in 3 x 3 Schritten / 3 Stunden handverriebene C 3 Trituration

 

1. Schritt:

1 Gran dieser potenzierten Substanz 1 : 1 000 000 (C 3) wird in 500 Tropfen einer Mischung aus 1 Teil Branntwein und 4 Teilen destilliertes Wasser aufgelöst.

2. Schritt:

1 Tropfen dieser Lösung wird in ein Fläschchen gegeben, es werden 100 Tropfen guten Weingeist hinzugegeben und 100 starke Schüttelschläge mit der Hand gegen einen harten, aber elastischen Körper ausgeführt.

Dies ist die Arznei im 1. Dynamisationsgrad, womit nun Zucker-Streukügelchen befeuchtet werden.

3. Schritt

Dazu geht man wie folgt vor:

In einem fingerhutartigen Gefäß aus Glas, Porzellan oder Silber, mit einer kleinen Öffnung im Boden, werden die 500 Globuli, von denen 100 Stück 1 Gran wiegen, befeuchtet ("mit dem arzneilichen Weingeiste"), man rührt sie und schüttet sie auf Fließpapier, um sie schnell zu trocknen.

Die Aufbewahrung erfolgt in einem verschließbarem Gläschen mit der

Beschriftung Name der Substanz......1.Potenz (entsprechend Q 1)

1 Kügelchen Q 1 wird in ein neues Fläschchen gegeben, mit 1 Tropfen Wasser aufgelöst, mit 100 Tropfen Weingeist versetzt und mit 100 starken Schüttelschlägen dynamisiert.

Mit dieser Flüssigkeit werden wieder Streukügelchen benetzt, auf Fließpapier ausgebreitet und getrocknet und licht- und luftgeschützt aufbewahrt.

Beschriftung Name der Substanz......2. Potenz (entsprechend Q 2)

Für jede höhere Potenzstufe verfahre man schrittweise so weiter.

Die Herstellung von flüssigen Q-Potenzen

finden wir ebenfalls § 270 Organon 6. Auflage beschrieben.

Für Hahnemann war die Auflösung der Q-Potenzen lediglich als Anwendungsform am Krankenbett konzipiert.

 

HAB I

Das HAB I regelt die Herstellung von LM-Potenzen in der Vorschrift 17 a und 17 b

Vorschrift 17 a

Zur Herstellung der LM I werden 60 mg einer C 3 Verreibung der zu potenzierenden Substanz in 20.0 ml Ethanol 15 % (entsprechend 500 Tropfen) gelöst.

1 Tr. dieser Lösung wird in einem kleinen Arzneiglas mit 2,5 ml Ethanol 86 % (entsprechend 100 Tropfen) versetzt und 100 mal kräftig geschüttelt.

Mit dieser Lösung werden 100 g Streukügelchen Größe 1 (etwa 50 000 Stück) gleichmäßig befeuchtet; nach der Imprägnierung in einem geschlossenen Gefäß werden die Streukügelchen an der Luft getrocknet. Diese Streukügelchen entsprechen der Potenzstufe LM I.

Zur Herstellung der Potenzstufe LM II wird 1 Streukügelchen LM 1 in einem kleinen Arzneiglas gelöst, mit 2,5 ml Ethanol 86 % (entsprechend 100 Tropfen) versetzt und 100 mal kräftig geschüttelt. Mit dieser Lösung werden 100 g Streukügelchen Größe 1 (etwa 50 000 Stück) gleichmäßig befeuchtet; nach der Imprägnierung in einem geschlossenen Gefäß werden die Streukügelchen an der Luft getrocknet.

Vorschrift 17 b

Zur Herstellung flüssiger LM-Potenzen wird 1 Streukügelchen der gewünschten Potenzstufe in 10 ml Ethanol 15 % gelöst. Die Lösung bildet die gleiche Potenzstufe wie das darin gelöste Streukügelchen. Die weiteren Potenzstufen werden in gleicher Weise hergestellt
      

      

Unterschiede zwischen Hahnemann und dem HAB I
      
     
• C 3 Verreibung aus der Ausgangssubstanz

Hahnemann ließ, von einigen Ausnahmen abgesehen, bis zur C 3 aus der Ausgangssubstanz verreiben.

  • Das HAB I gestattet die Herstellung von Verreibungen bis zur C 2 aus Urtinkturen. (Vorschrift 7).

 

• Globuligröße und Imprägnierung

Hahnemann

Sowohl bei den C wie auch bei den LM oder Q Potenzen definierte Hahnemann die Größe über das Gewicht, das eine bestimmte Anzahl Globuli wiegt.

  • Bei den C Potenzen war das Gewicht von 300 Stück 1 Gran = 60 mg
  • Bei den LM oder Q Potenzen war das Gewicht von 100 Stück 1 Gran = 60 mg, und
  • 500 Globuli konnten höchstens einen Tropfen zu ihrer Sättigung aufnehmen.
  • 1666 Streukügelchen wiegen 1 Gramm, also 1000 mg.

Die Globuli der C Potenzen waren bei Hahnemann kleiner, als die der Q- oder LM-Potenzen.

 

HAB I

  • 500 Streukügelchen wiegen 1 Gramm, also 1000 mg.
  • Die Globuli sind etwa 3,3 mal schwerer als die von Hahnemann.
  • Sie haben eine ca .2,2 mal größere Oberfläche.

Denkt man an die Imprägnierung, dann ist die absorbierte Menge an alkoholischer Lösung abhängig von der Oberfläche der Globuli. Je größer die Oberfläche einer Kugel, je mehr Flüssigkeit wird absorbiert.

Als theoretisches Gedankenspiel kann man folgern, daß 1 Tropfen nicht 500 mal geteilt wird, sondern weniger, ausgerechnet wurden einmal 227 mal. (Siehe A. Grimm KH 35 (1991)

Das würde zum einen bedeuten, daß jeder Globulus eine größere Menge Arzneilösung auf seiner Oberfläche absorbiert, zum anderen auch, daß bei 500 Globuli einige ohne Arzneilösung bleiben, wenn nicht übersättigend imprägniert wird.

Doch dies sollte, auch wenn es ein interessantes Gedankenspiel ist, ein solches bleiben. Für die homöopathische Praxis ist dies nicht von Belang, zieht man die Erfahrungen des Grafen von Korsakoff heran, nach der ein arzneilicher Globulus seine Information an unarzneiliche Globuli weitergibt. Im Stapf-Archiv Band 12, Heft 1 können wir seine Beobachtungen nachlesen:

"Ich nahm ein Einziges trockenes, mit der hundertfachen Verdünnung des Schwefels befeuchtetes Streukügelchen, schüttete es in ein kleines Glas, welches bereits tausend einfache, unarzneiliche Streukügelchen enthielt und nachdem ich das Gläschen mit seinem Stöpsel wohl verschlossen hatte, schüttelte ich es während einer Minute stark. Ich ließ psorisch Kranke an diesem Gläschen riechen, und alle empfanden ganz deutlich die entschiedenen Schwefelwirkungen"

Werner Dingler kann diese Aussage ebenfalls bestätigen. Er berichtete, daß er einem Patienten unarzneiliche Globuli gegeben hätte, die eine arzneiliche Wirkung hatten. Diese unarzneilichen Globuli standen in seinem Arzneischrank neben arzneilichen und hatten deren Information angenommen.

Anzumerken bleibt weiter, daß unsere Erfahrungen auf der Basis der Globuligröße 1 beruhen, denn schon Dr. W. Schwabe hat die Globuligröße 1 als die zu verwendende Größe 1934 in sein Homöopathisches Arzneibuch eingeführt.

Ein praktischer Aspekt wäre außerdem, daß ein Globulus der Größe O oder kleiner, mit der Hand praktisch nicht mehr zu greifen ist.
      

      

Industrielle Q oder LM-Potenzherstellung
     
    
DHU
Die DHU stellt die LM-Potenzen nach Vorschrift des HAB I her. Dabei werden Ansätze von ca. 800 g Globuli gefertigt. 100 Tropfen einer 86 % alkoholisch-arzneilichen Lösung werden auf 100 g = 50 000 Stück Globuli aufgebracht. Dazu werden die Globuli in einem Dragierkessel gedreht und mit der Flüssigkeit betropft. Es stehen mehrere laufende Dragierkessel in Kammern nebeneinander. In diesen Kammern befindet sich eine Laminar-Flow-Air-Strom Anlage, die für die Trocknung der Globuli sorgt. Die Weiterverarbeitung erfolgt gemäß den HAB Vorschriften.

Zur Herstellung flüssiger LM-Potenzen wird 1 Globulus in 10 ml 15 % Ethanol gelöst.

 

Staufen
Auch Staufen stellt gemäß HAB I her. Die Befeuchtung von 20 g. Globuli mit 0,5 ml 86 % alkoholisch-arzneilicher Lösung erfolgt in einer flachen Schale mit Deckel in der Weise, daß die Flüssigkeit aufgetropft wird auf und die Globuli durch Kreisung der Schale imprägniert werden. Anschließend werden sie nebeneinander in einer Kammer mit Laminar-Flow-Air-Strom getrocknet. Für die LM 2 wird 1 Globuli mit 1 Tropfen Wasser und 2,5 ml Alkohol 86 % gelöst und 100 mal kräftig auf eine dicke Filzunterlage geklopft. Von dieser Lösung werden 0,5 ml auf 20 g Globuli aufgetragen.

 

Arcana
Ausgangsstoff ist eine C 3-Verreibung. 60 mg dieser Verreibung werden in 20 ml (500 Tropfen) Ethanol 15 % aufgelöst. Ein Tropfen dieser Lösung wird in ein Glasfläschchen gegeben, mit 2,5 ml (100 Tropfen) Ethanol 86% versetzt und 100 mal kräftig mit der Hand gegen eine gepolsterte Unterlage geschlagen (1. Dynamisationsgrad). In einem kleinen Trichter werden 500 mohnsamengroße Globuli mit dieser Lösung benetzt, mit einem Glasstäbchen umgerührt und zum Trocknen auf Fließpapier in einer Petrischale ausgebreitet. Später werden sie in einer geschlossenen Glasflasche aufbewahrt (1. LM).

1 Globulus dieser 1. LM wird in ein neues Glasfläschchen gegeben, mit einem Tropfen destillierten Wasser aufgelöst. Dann werden 2,5 ml (100 Tropfen) Ethanol 86 % hinzugefügt und wieder 100 mal gegen eine gepolsterte Unterlage von Hand dynamisiert. (2. Dynamisationsgrad)

Für flüssige LM-Potenzen werden die mohnsamengroßen Globuli der gewünschten Potenzstufe in Ethanol 15 % gelöst. (1 Globulus in einem Tropfen). Dann wird 1 Tropfen in 10 ml Ethanol 15 % getropft.

Zu meiner Freude erfuhr ich, daß für Q- oder LM Potenzherstellung die Verreibungen von C 1 - C 3 bei der DHU als auch bei Staufen von Hand ausgeführt werden. Dies erfreute mich insofern, als der Gesetzgeber eben auch die Möglichkeit der flüssigen Herstellung bis C 2 gestattet und nur eine C 3 Verreibung, bzw. sogar nur eine C 3 Vermischung bis zur Homogenität erlaubt.

Ein wichtiger Gesichtspunkt aber bleibt nach wie vor, aus welchen Substanzen und über welchen Herstellungsweg die Arzneien produziert wurden, deren Symptome wir in unseren Arzneimittelbildern RAM und CK finden.
       

       

II. Arzneiqualität
    
    
Hahnemann sagt 1799 in seinem Apothekerlexikon:

"Wir haben Jahrhunderte über zu thun, um die Natur eines einzigen Krauts zu erforschen, und nicht nötig, uns diese mühsame schwierige Erforschung der Wahrheit durch Substituieren noch mehr zu verdunkeln. Es ist nur allzu gewiß, daß zwei verschiedene Pflanzen auch abweichende Arzneikräfte besitzen".
    

     

II.1 Qualitätskriterien
      
      
Die Arzneiqualität beginnt bei der Qualität der verwendeten Ausgangsstoffe.

Sie stammen aus dem

  • Pflanzen- Tier- und Mineralreich
  • aus chemischen Labors, wie Causticum und Hepar sulfuris (beides Retortenmittel)
  • oder sind Krankheitsprodukte in Form von Nosoden.

Insgesamt umfaßt die Arzneiqualität die Bereiche

  • der Rohstoffgewinnung
  • der Prüfungen der Rohstoffe auf Reinheit, Identität, Gehalt, Verunreinigungen, Radioaktivität
  • der eindeutigen Herstellungsvorschriften und deren Deklaration auf dem Fertigprodukt sowie Maßnahmen zur Qualitätssicherung
  • der Einhaltung der GMP Richtlinien (-dies sind Richtlinien, die übersetzt gute Manieren beim Produzieren bedeuten).

Sowohl bei der DHU, als auch bei Staufen werden Ausgangssubstanzen nach den Vorschriften des Deutschen Arzneibuchs, bzw. des HAB I auf Identität, Schwermetallbelastung, Verunreinigungen und Gehalt geprüft.

Untersuchungen auf Radioaktivität und Pestizide werden ebenfalls in beiden Firmen vorgenommen.

Auffallend war in allen Firmen die gute Arbeitsvorbereitung und die Fertigung nach den Vorschriften des HAB und den GMP - Richtlinien.

 

Die Nosoden

Einerseits stehen sie im Kreuzfeuer der Behörde, die für die Registrierungen zuständig ist, zum anderen ist die Materialbeschaffung unter dem Aspekt der gleichbleibenden Qualität nicht gewährleistet. Wörtlich sagte Herr Schöpfer von der DHU: "Von der Idee her genial, von der Beschaffung und Herstellung her unheimlich bis unmöglich". Beleuchtet man es kritisch, müßte jeweils eine Arzneimittelprüfung mit neuem Material durchgeführt werden. Hinzu kommt, daß die Beschaffung einiger Ausgangssubstanzen große Probleme bereitet, vor allem von Krankheiten, die bei uns als ausgerottet gelten, wie z.B. die Pocken und andere.

Die erste Nosode, die von der DHU vom Markt genommen wurde, ist Vaccinotoxinum.

Die Ausweitung von AIDS und der Skandal um HIV-verseuchte Blutkonserven hat zu strengen Vorschriften geführt, die auch unsere Nosoden betreffen.

Die noch heute bestehende Tausender-Regelung (erlaubte Herstellung von 1000 Stück pro Jahr) ist behördlicherseits stark unter Beschuß. In der Diskussion ist auch das Argument, ob Nosoden nicht eher unter dem Oberbegriff Impfungen einzuordnen sind.

Die Vergleichbarkeit der heutigen Symptome mit den Symptomen der geprüften Substanz stellt nicht nur bei den Nosoden ein Problem dar.

Lassen Sie mich zum Abschluß ein paar Beispiele aufführen, wie Ausgangssubstanzen im Laufe der Zeit entweder verändert oder durch andere ersetzt wurden.
      

         

II.2 Ausgewählte Beispiele
       
     
Apis
1835 in die Materia medica aufgenommen. Das Arzneimittelbild besteht aus Vergiftungssymptomen und Symptomen, die bei der Prüfung des Bienengiftes aufgetreten sind. Nach 1850 wurde dazu übergegangen, anstelle des isolierten Bienengiftes die ganze Biene zu verarbeiten. Dabei muß berücksichtigt werden, daß das Bienengift nur 1 % des Gesamtgewichts der Biene ausmacht (Vgl. Abb. 3), und daß die anderen 99 %, um welche Teile es sich auch immer handeln mag, mitpotenziert werden und wir über diese Symptome keine Auskunft in unseren Materia medica erhalten.

Das reine Bienengift in potenzierter Form ist heute nur unter der Bezeichnung "Apisinum" erhältlich.

Abb. 3: Längsschnitt durch eine Biene (P. Barthel "Das Vermächtnis Hahnemanns" KH 37, 1993)

Bryonia

Hahnemann prüfte Bryonia alba, die weiße Zaunrübe. Im homöopathischen Arzneibuch von 1958, 3. Auflage sind -dioica und -alba als gleichwertige Stammpflanzen angegeben. Dann wurde Bryonia alba durch Bryonia dioica ersetzt.

DHU / Staufen deklarieren als Bryonia die Pflanze Bryonia dioica ssp. cretica entsprechend der Vorschrift des HAB I. Wird Bryonia alba gewünscht, muß diese als Bryonia alba bestellt werden.
Arcana liefert unter Bryonia die Bryonia alba.
Im neuen HAB II ist Bryonia alba wieder als Stammpflanze für Bryonia vorgesehen.

 

Sulfur

1818 hatte Hahnemann Sulphur bereits durch Verreibung hergestellt. RAM Bd. 4 S. 241. später dann die Lösung Tinctura sulphuris angewandt.( CK Bd. 4 S. 338). Er beobachtete, daß die Trituration eine stärkere Arzneiwirkung zeigte als die potenzierte Lösung. In CK Bd. 5 S. 324 schreibt er sinngemäß:

Er durch vergleichende Erfahrungen belehrt, daß er nun die Verreibung von Schwefelblumen mit 100 Teilen Milchzucker bis zur C 3 für die vollkommene Schwefel Arznei anerkennen müsse, denn der Weingeist scheine nur einen besonderen Teil des Schwefels auszuziehen, nicht aber den ganzen Schwefel.

Ab 1924 werden in Dr. W. Schwabes Homöopathisches Arzneibuch beide Herstellungsverfahren unter der Bezeichnung Sulfur geführt und so ist es auch im HAB 1.
Das bedeutet im Klartext, wir wissen nicht, wie Sulfur als Ausgangssubstanz in der Urtinktur hergestellt wurde, ob durch Verreibung oder durch alkoholischen Auszug.

Staufen und DHU stellen C 3 Verreibungen für die Herstellung der Q / LM Potenzen aus der Schwefelsubstanz her, da zur Herstellung der Urtinktur = D 4 der Schwefel mit 90 % igem Weingeist längere Zeit am Rückflußkühler kochen muß und die erkaltete Lösung mit der doppelten Gewichtsmenge 90 % igem Weingeist verdünnt wird. Diese Verdünnung stellt die 4. Dezimalpotenz, also Urtinktur = D 4 dar.
Daraus resultiert die Frage, ob eine D 6 oder C 6 aus Tinctura sulfuris oder aus der verriebenen Schwefelblüte hergestellt ist?
Die DHU beantwortete diese Frage wie folgt: Eine D 6 Trituration ist immer verrieben, eine D 6 Dilution ist immer aus der Lösung hergestellt.

 

Causticum "Ätzstoff"

Die ausführliche Veröffentlichung ist nachzulesen in der KH 33, 1989, Dr. A. Grimm "Causticum: Ätzstoff oder Phantasieprodukt".

Causticum ist wohl das umstrittenste Präparat der Materia medica. Zahlreiche Chemiker wie Nichtchemiker haben versucht das Causticum Hahnemanns herzustellen. Staufen sagte zum Thema Causticum "Mal klappt`s, mal nicht". Das ist auch der Grund, warum es im HAB I und HAB II keine Causticum-Monographie gibt. Causticum ist nur bei den D-Monographien vertreten.

Eine Aussage über Causticum ist die, daß es sich chemisch um destilliertes Wasser handele. Dieses destillierte Wasser eingenommen, erzeugt aber die Prüfungssymptome von Causticum, wie Frau Dr. Franck von der DHU am eigenen Leibe erfahren durfte. Außerdem kursiert das Gerücht, daß die Firma ISO bei der Herstellung Ammoniak zugesetzt hätte, was sich wiederum mit der Analyse von A. Grimm decken würde.

Die Hahnemannsche Causticum Vorschrift ist in den CK Bd. III S. 84 genau nachzulesen. Hahnemann benutze zur Herstellung einen speziellen Helm als Aufsatz für seine Destillationsapparatur. Das Besondere war, daß er diesen Helm mit einer nassen Blase (Schweinsblase) auf die Destillationsapparatur aufklebte. Man vermutet, daß überstehende Kalilauge durch Siedeverzug ins Destillat gelangte, was von ihm auf Grund des undurchsichtigen Materials und des verklebten Helms nicht gesehen werden konnte. Alkalilaugen neigen stark zum Siedeverzug, was diese Vermutung noch erhärten würde.

Außerdem fällt bei Kalilauge noch ein anderes Charakteristikum auf. Kalilauge sublimiert unzersetzt ab Temperaturen von 350 bis 400 Grad Celsius. Diese Temperatur hätte von Hahnemann mittels Kohlenfeuer (er benutze einen Holzkohlengrill ohne Sandbad) und "gehörig starker Hitze" erreicht und überschritten werden können, selbst wenn er durch genaues Überwachen und gelegentliches Wegnehmen der Wärmequelle einen Siedeverzug verhindert hätte.

Es drängt sich der Verdacht auf, daß das Causticum Hahnemanni nur aus Kalilauge besteht, oder falls kein Siedeverzug und keine Sublimation stattfanden, aus destilliertem Wasser.
Dr. A. Grimm veröffentlichte in der KH 33 1989 eine Analyse von Causticum verschiedener Hersteller. Er hatte sich einen Helm nachbauen lassen und Causticum labormäßig nach Hahnemanns Anweisungen, beschrieben in seinem Apothekerlexikon hergestellt.
Als Vergleichssubstanzen hatte er Causticum der Firmen DHU, ISO und Staufen verwendet und kam zu folgendem Ergebnis.

DHU Staufen ISO Grimm
K neg. neg. neg. pos.
NH4 pos. pos. pos. neg.
SO4 neg. neg. neg. neg.
Na neg. neg. neg. neg.

Diese Analyse gibt qualitativen Aufschluß über die Zusammensetzung. Interessant wäre es sicherlich auch, den quantitativen Nachweis zu führen, um sicher zu sein, daß es sich nicht nur um Verunreinigungen handelt.

Vielleicht war das verordnete Causticum das Simile, aber die Besserung blieb aus. In solchen Fällen könnte vielleicht daran gedacht werden, daß statt Causticum Hahnemanni Ammonium causticum vorliegt, das sich in seinem Bild von Causticum erheblich unterscheidet.

Insgesamt läßt sich feststellen, daß die Herstellung homöopathischer Arzneimittel uns in der Zukunft weiter beschäftigen wird. Wir werden uns auch Gedanken um eine Standardisierung bezüglich der Schüttelintensität und der maschinellen Verschüttelung bzw. Verreibung machen müssen. Es wäre wünschenswert, wenn Homöopathen und Homöopathinnen vertreten durch ihre Interessenverbände Mitsprache bei der Ausarbeitung zukünftiger Herstellungsvorschriften bekämen, vor allem auch unter dem Aspekt des Europäischen Homöopathischen Arzneibuchs. Ebenso wird das Problem der Nosoden in Zukunft unter zunehmendem Druck des Gesetzgebers einen größeren Diskussionsbedarf darstellen.

Abschließend möchte ich Ihren Blick noch einmal auf die Bedeutung der C 3 Verreibung aus der Ausgangssubstanz richten. Dieses ist ein Thema, das uns allen am Herzen liegen sollte, ebenso wie auch eine ausführlichere Deklarationspflicht bezüglich maschinell hergestellter Mittel. Nur durch Transparenz und daraus resultierender Deklaration können wir Einblick in die Qualität unserer Arzneimittel bekommen.

Wenn wir diese Forderungen stellen, sollte uns allen klar sein, daß 10 g Globuli nicht mehr für etwa DM 8,00 erhältlich sein können. Doch sollte uns nicht eine gute Qualität wichtiger sein als ein niedriger Preis?

Es gibt ja bereits Hersteller, zu nennen wären Frau Gudjons oder einige Apotheken, die genau gemäß Hahnemann produzieren. Die verlangten Preise differieren bei Q-Potenzen zwischen DM 12 - 15 DM und DM 50 für eine Kapsel voll Milchzucker mit 1 Globulus und 100 ml Alkohol-Wasser-Mischung. Zudem stellt sich die Frage nach der Kapazität dieser Hersteller unter dem Aspekt der Belieferung des deutschen Marktes.

Lassen Sie mich meinen Artikel mit einem Ausspruch von Dr. Willmar Schwabe, dem Begründer der DHU beenden, der bereits 1924 sagte:

"Es kann nicht oft genug wiederholt werden, daß nur bei genauer Befolgung der Hahnemannschen Vorschrift stets gleichmäßige Präparate erzielt werden."

Abschließend möchte ich mich bei allen Firmen ganz herzlich für die Unterstützung bedanken, sowie auch für die Offenheit und Freundlichkeit, die mir bei meinen Besuchen entgegengebracht wurde. Mein Dank gilt auch dem Haug Verlag, der keine Mühe scheute mir die zahlreichen Veröffentlichungen zu kopieren, um die ich ihn gebeten hatte.
       

        

Literaturverzeichnis
      
     
Hahnemann "Organon der Heilkunst", 6. Auflage, Haug-Verlag 1992

Hahnemann "Reine Arzneimittellehre". 5. Nachdruck Haug-Verlag 1991

Hahnemann "Die chronischen Krankheiten" Haug-Verlag 1995

Homöopathisches Arzneibuch 1. Ausgabe 1978, 1.-5. Nachtrag Stand 1991, Govi-Verlag

P. Barthel "Das Vermächtnis Hahnemanns- Aufstieg und Fall der Bryonia alba",

AHZ 237 (1992) S. 135 ff.

P. Barthel "Das Vermächtnis Hahnemanns - die Fünfzigtausender Potenzen"

AH/ 235 (1990) S. 47 ff.

P. Barthel "Das Vermächtnis Hahnemanns - die Qualität der homöopathischen Arznei" KH 37 (1993) S. 108 ff.

F. Dellmour "Die Bedeutung der C3 Trituration für die Arzneimittelherstellung" AHZ 239 (1994) 6 S. 240 ff.

M. Doman, J. Strube "Vergleichende Untersuchungen des manuellen und maschinellen Verschüttelns bei der Herstellung homöopathischer Potenzen" AHZ 240 (1995) 3 S. 99 ff.

R. Flury "Hahnemanns Fünfzigtausender-(LM-)Potenzen nach der VI.Ausgabe des Organons" AHZ 6/1981 S. 224 ff.

A. Grimm "Causticum: Ätzstoff ohder Phantasieprodukt" KH 33 (1989) S. 47 ff

A. Grimm "Herstellungsvorschrift für Q-Potenzen nach Organon VI als Vorlage für eine neue HAB-Vorschrift" KH 37 (1993) S. 37 ff.

A. Grimm "Ho,öopathisches Arzneibuch 1. Ausgabe. Welche Bedeutung hat es für die Homöopathie?" KH 1 (1988) S. 29 ff.

A. Grimm "Hahnemanns 50 000er Potenzen und die 22700er Potenzen des HAB" KH35 (1991) 4 S. 135 ff.

G.v. Keller "Über Q-Potenzen" KH 6 (1988) S. 227 ff.

W. Klunker "Anmahnung des HAB I" KH 36 (1992) 1 S. 22 ff.

Graf v. Korsakoff Stapf Archiv Bd. 12 Heft 1

G. Madaus "Lehrbuch der Biologischen Heilmittel" Thieme Verlag Leipzig, 1938, Nachdruck Mediamed Verlag 1987

Dr. Wilmar Schwabe "Homöopathisches Arzneibuch", Verlag Dr. W. Schwabe 1958 3. Aufl.

H.-J. Schöpfer "Kommentar zur Veröffentlichung: Doman, M; Strube, J : Vergleichende Untersuchungen des manuellen und maschinellen Verschüttelns bei der Herstellung homöopathischer Potenzen" AHZ 240 (1995) 3 S. 108 ff.-

R. Sonntag "Arzneimittelherstellung nach Hahnemann" Dt. J.f. Hom. 2/85
    

      

Arzneimittelherstellung und Arzneiqualität
      
      
Zusammenfassung: Der folgende Artikel stellt die Ergänzung zur Veröffentlichung in der Naturheilpraxis Oktober `96 dar. Er bringt in tabellarischer Form eine Übersicht der einzelnen Herstellungvorschriften nach Hahnemann, dem HAB I und der industriellen Praxis. Dabei wird der Herstellung der Q- oder LM-Potenzen besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Im zweiten Teil, Thema Arzneiqualität, stehen die Anforderungen an Rohstoffe im Mittelpunkt.  
      

      

Tabellarische Darstellung
     

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